Bücher
zum Thema Schönheit
Hier
finden Sie eine Auswahl von Büchern, in denen es um die
Erforschung der menschlichen Schönheit geht.
Zusätzlich zu den deutschsprachigen Titeln sind auch einige
wenige Werke in englischer Sprache aufgeführt. Wenn nicht
anders vermerkt, wenden sich alle Bücher an ein breites
Publikum.
►
Die Liste
erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Kommentare zu
den einzelnen Büchern geben die subjektive Meinung von mir
(Ulrich Renz) wieder.
►
Sämtliche im Buch verwendete Fachliteratur finden Sie in der Liste
der zitierten Fachliteratur
Bernd
Guggenberger: Einfach schön. Schönheit als soziale
Macht.
(Rotbuch, 2001, dtv, 2002). Das Buch des vielseitigen
Sozialwissenschaftlers, Publizisten und bekennenden
„Schönheits-Tifosi“ Bernd Guggenberger ist
eine reine Freude. Nicht nur, weil es dem Leser überzeugend
vor Augen führt, in welchem Maß Schönheit
in unser gesellschaftliches und individuelles Leben hineinregiert
– sondern auch deshalb, weil es scharfzüngig und
rhetorisch brillant Stellung gegen den in den 80erJahren kultivierten
und heute immer noch endemischen intellektuellen Selbstbetrug bezieht,
demzufolge Schönheit ein „Mythos“ ist und
„wahre Schönheit“ von innen kommt.
Nancy
Etcoff: Nur die Schönsten überleben – Die
Ästhetik des Menschen
(Hugendubel, 2001). Die Autorin ist Hirnforscherin an der Harvard
University und selbst an der Erforschung der menschlichen
Schönheit beteiligt. Ihr Buch fasst die Ergebnisse der
Attraktivitätsforschung (Stand 1998) in gut lesbarer Form
zusammen. Neben der Tatsache, dass die Befunde sorgfältig
recherchiert und belegt sind, liegt die besondere Qualität des
Buches in den vielfältigen Bezügen zu Kultur- und
Zeitgeschichte.
Daniel
McNeill: Das Gesicht - Eine Kulturgeschichte (Kremayr
& Scherian 2001, btb, 2003). Entgegen seinem Untertitel geht es
in diesem Buch durchaus um biowissenschaftliche Fragestellungen: Warum
sieht das menschliche Gesicht so aus, wie es aussieht? Welche
„Signalsprache“ spricht es? Was empfinden wir daran
als „schön“ – und warum? Eine
Fülle von historischen Details, Anekdoten und Geschichten
machen das Buch zu einer recht kurzweiligen Lektüre.
Karl
Grammer: Signale der Liebe – Die biologischen Gesetze der
Partnerschaft (Hoffmann
& Campe, 1993, dtv, 1995). Das Buch des Wiener
Verhaltensforschers Karl Grammer kann wegen seiner extrem hohen
Faktendichte fast als Lehrbuch bezeichnet werden. Es geht darin nicht
nur um Fragen der körperlichen Attraktivität, sondern
um das menschliche Flirtverhalten in einem weiteren Sinne - bei dem
neben Schönheit etwa auch Gestik, Mimik und Gerüche
ins Spiel kommen. Der Autor hat der Vollständigkeit und
wissenschaftlichen Sorgfalt mehr Aufmerksamkeit geschenkt als der
Didaktik, so dass der rote Faden in dem dicken Buch stellenweise etwas
verloren geht.
Andrea
Hauner & Elke Reichart (Hrsg.): Body Talk. Der riskante Kult um
Körper und Schönheit (Reihe
Hanser bei dtv, 2004). Eine Sammlung von z. T. sehr lesenswerten
Reportagen, Essais und Erlebnisberichten, in denen die Exzesse des
Schönheitskultes thematisiert werden. Die Autoren sind
Ärzte, Wissenschaftler, Psychologen, Künstler und
„betroffene“ Jugendliche. Das Werk wird in manchen
Schulen als Unterrichtslektüre eingesetzt.
Frank
Naumann: Schöne Menschen haben mehr vom Leben: Die geheime
Macht der Attraktivität (Fischer TB, 2006).
Locker-leichte Rundtour durch die Hauptprovinzen der
Attraktivitätsforschung, nicht ganz frei von
populären Missverständnissen, aber trotzdem
lesenswert.
Manfred
Hassebrauck & Beate Küpper: Warum wir aufeinander
fliegen – Die Gesetze der Partnerwahl (Rowohlt
Taschenbuch Verlag, 2002). Eine sehr populär gehaltene,
gelungene Mischung aus Wissenschaftsreport und Ratgeber rund um die
Themen Liebe, Lust und Leidenschaft – und was für
eine Rolle Schönheit dabei spielt.
Waltraud
Posch: Körper machen Leute - Der Kult um die
Schönheit (Campus,
1999). Eine faktenreiche Analyse des Schönheitskultes aus
sozialwissenschaftlicher Sicht, in die die Ergebnisse der modernen
Attraktivitätsforschung jedoch leider noch keinen Eingang
gefunden haben. Das Buch wendet sich an wissenschaftlich Vorgebildete.
Ernst
Peter Fischer: Das Schöne und das Biest. Ästhetische
Momente in der Wissenschaft (Piper,
1997). In
diesem Buch nähert sich der bekannten Wissenschaftshistoriker
dem Phänomen Schönheit von den unterschiedlichsten
Seiten: der Philosophie, der Mathematik und der Biologie. Die einzelnen
Teile gehen zwar stellenweise durchaus in die Tiefe (wie beispielsweise
die sehr lesenswerten Ausführungen zum Goldenen Schnitt oder
das im Untertitel des Werkes anklingende Thema, dass wissenschaftliches
Erkennen auch eine ästhetische Dimension hat), manche Bereiche
werden jedoch nur lückenhaft und etwas lieblos abgehandelt
– was sich in der angekündigten erweiterten
Neuauflage möglicherweise geändert hat.
Uly
Wörner: Der Salome-Komplex – Vom Zwang
schön zu sein und wie man sich davon befreit
(Kreuz,
2002). Ein erstaunlich seriöser Ratgeber über
weibliche Schönheitssucht.
Harrison
Pope, Katharine Phillips, Roberto Olivardia: Der Adonis-Komplex.
Schönheitswahn und Körperkult bei Männern
(dtv,
2001). Das männliche Pendant zum
„Salome-Komplex“. Die Autoren beleuchten das Thema
„Muskel- und Trainingssucht“ sowohl aus
wissenschaftlicher Sicht als auch im Lichte ihrer eigenen Erfahrungen
als Psychiater und Psychotherapeuten.
Harald
Gasper & Regina Gasper: Herrlich hässlich! Warum die
Welt nicht den Schönen gehört
(Eichborn,
2005). Das Buch versteht sich als eine Art Manifest gegen die Diktatur
der schönen Menschen, wobei sich die Autoren allerdings wenig
Mühe machen, sich mit den Ursachen des
Schönheitskultes auseinanderzusetzen.
Angelika
Taschen (Hrsg.): Schönheitschirurgie (Taschen,
2005). Das reich bebilderte Opus hat sich zum Ziel
gesetzt, den State of the Art in Sachen
Schönheitschirurgie zu vermitteln. Während im Vorwort
noch durchaus kritische Töne angestimmt werden, entpuppt sich
das Ganze dann aber doch als Verherrlichung von ein paar
großmächtigen Stars der Branche.
Julius
Wiedemann: Digital Beauties (Taschen
2003). Eine Art Werkschau der weltweit besten Kreateure digitaler
Schönheiten.
Schwerpunkt
Evolutionspsychologie / Biologie
Matt Ridley: Eros und Evolution. Die
Naturgeschichte der Sexualität (Droemer Knaur 1995 und 1998). Eine
spannend geschriebene und trotzdem tiefschürfende
Einführung in die Theorien der sexuellen Selektion. Zusammen
mit Helena Cronins „The Aunt and the Peacock“, das
jedoch leider nicht auf deutsch vorliegt, gehört
„Eros und Evolution“ zu den absoluten Klassikern
der Evolutionstheorie.
Geoffrey
F. Miller: Die sexuelle Evolution - Partnerwahl und die Entstehung des
Geistes (Spektrum
Akademischer Verlag, 2001). Streng genommen geht es in diesen Buch
nicht um menschliche Schönheit, sondern um das menschliche
Gehirn - genauer um die Frage, wie sich die rasante Entwicklung unseres
Denkorgans mit der Evolutionstheorie erklären lässt.
Millers Antwort führt zum Konzept der sexuellen Selektion, das
in diesem Buch auf brillante und unterhaltsame Weise durchdekliniert
wird. Der menschliche Geist dient demnach demselben Zweck wie der
Schwanz des Pfauenmännchens, nämlich der
Partnerwerbung. Dass die Theorie extrem gewagt ist, macht den Charme
des Buches aus. Da ich auf Millers Theorie in meinem Buch nicht
eingegangen bin, sei dies für den interessierten Leser hier nachgeholt.
David
Buss: Die Evolution des Begehrens – Geheimnisse der
Partnerwahl
(Kabel, 1994, Goldmann, 2000). Buss ist einer der Mitbegründer
und Hauptprotagonisten der modernen Evolutionspsychologie. Hier
präsentiert er eine in sich geschlossene Theorie der
Partnerwahl. Buss bewegt sich sehr eng innerhalb des
evolutionspsychologischen Paradigmas, das in unserem Verhalten eine von
der Evolution geformte „Adaptation“
sieht, und nur wenig
Spielraum für „kulturelle“ Erklärungen lässt. Manche der
präsentierten Hypothesen erscheinen deshalb etwas weit
hergeholt.
Amotz
& Avishag Zahavi: Signale der Verständigung. Das
Handicap-Prinzip
(Insel, 1998). Dieses Buch vermittelt die Handicap-Theorie aus erster
Hand – nämlich aus der ihrer beiden Erfinder, Amotz
und Avishag Zahavi. Die beiden israelischen Zoologen führen
ihre Leser mit spürbarer Lust durch ihr originelles
Gedankengebäude – das dabei jedoch
größer und größer wird und am
Ende fast seine Konturen verliert, weil die Theorie, die
ursprünglich auf den Signalaustausch zwischen
Geschlechtspartnern, innerartlichen Rivalen und Fressfeinden
beschränkt war, nun auf sämtliche soziale Systeme
sämtlicher Lebewesen ausgedehnt – und damit
möglicherweise überdehnt – wird.
Matthias
Uhl & Eckard Voland: Angeber haben mehr vom Leben
(Spektrum
Akademischer Verlag, 2002). Dieses gut geschriebene Buch stellt eine
Art Erklärung der menschlichen Kultur aus dem Geiste des
Handicaps dar. Die Übertragung des Zahavi’sche
Handicap-Prinzips auf das menschliche Sozialverhalten ist zwar alles
andere als unproblematisch, aber auch nicht ohne Reiz. Die Wahl des
Titels lässt allerdings staunen, stellt sie doch die
Philosophie des Prinzips auf den Kopf – bei dem es ja gerade
nicht ums
Angeben (also die Vorspiegelung falscher Tatsachen) geht,
sondern um
Ehrlichkeit.
Desmond
Morris: Die nackte Eva (Heyne,
2004). Zur Klärung der Frage, warum der weibliche
Körper so aussieht wie er aussieht, trägt Desmond
Morris noch einmal seine altbekannten Erklärungen und
Hypothesen zusammen. Der ehemalige Popstar der Anthropologie verzichtet
dabei darauf, die spärlichen und meist überalteten
Fundstellen, aus denen er schöpft, zu belegen.
Winfried
Menninghaus: Das Versprechen der Schönheit
(Suhrkamp,
2003). Der Berliner Philosophie-Professor sucht in diesem Buch
Querverbindungen von der „darwinistischen“ Theorie
der sexuellen Selektion sowohl zu Freud’schem Gedankengut als
auch zur griechischen Mythologie. Das Werk ist in vielerlei Hinsicht
bemerkenswert: zunächst durch die Tatsache, dass hier ein
Philosoph ein biowissenschaftliches Thema angeht; dann dadurch, dass
dies auf einem Niveau erfolgt, das von den wenigsten auf diesem Gebiet
tätigen Forschern (die meist die Fahnen der
Evolutionspsychologie hochhalten), erreicht wird. Dazu kommt, dass der
Autor auch gleich noch deren kanonische Lehrmeinung in Frage stellt
– dass nämlich sexuelle Ornamente Indikatoren
für überlegene Gene seien. Menninghaus bricht eine
Lanze für die klassische Darwin‘sche Theorie der
sexuellen Selektion, in der Ornamente nichts als
„Mode“ sind. Bemerkenswert auch die selbst
für einen Philosophen extrem hohe Dichte an
Fremdwörtern, die das Buch für
geisteswissenschaftlich nicht Vorgebildete zu einer harten Nuss machen.
Karl
Eibl: Animal Poeta – Bausteine der biologischen Kultur- und
Literaturtheorie (Mentis,
2004). Genauso wie dem Buch von Menninghaus gebührt auch
diesem das Verdienst, die Berührungsängste der
Geisteswissenschaften vor der Evolutionstheorie abzubauen. Der Autor
ist Literaturwissenschaftler aus München und im Gegensatz zu
Menninghaus der modernen Evolutionstheorie gegenüber etwas
freundlicher gesonnen. Eibl geht es allerdings weniger um die visuelle
Schönheit des menschlichen Körpers, sondern um
„Ästhetik“ in einem weiteren Sinne. Sein
Anliegen ist es, eine „biologische Kultur- und
Literaturtheorie“ zu begründen. Warum macht Kunst
LUST? Wofür ist sie gut? Nach der Überzeugung des
Autors ist „Glück“ nicht nur ein
„Nebenprodukt der Evolution“ (wie der
Evolutionspsychologe Steven Pinker behauptet, für den Kunst
neben der feinen Küche und der Pornografie die dritte
„Lusttechnologie“ darstellt), sondern ein
eigenständiger „Fitnessfaktor“.
Klaus
Richter: Die Herkunft des Schönen. Grundzüge der
evolutionären Ästhetik
(Philipp von Zabern, 1999). Mit diesem Buch verfolgt der 2001
verstorbenen Jenaer Professor für Tierphysiologie ein
ehrgeiziges Ziel: den „Entwurf einer universellen Grammatik
der Ästhetik“ zu schaffen, „vergleichbar
mit dem, was mit der evolutionären Linguistik bereits gelungen
ist“. Beim Scheitern an diesem hohen Anspruch macht er jedoch
eine durchaus gute Figur. Denn im Gegensatz zu anderen Versuchen, das
ästhetische Empfinden biologisch zu erklären, setzt
sich der Autor mit einer breiten Palette von ästhetischen
Erfahrungen auseinander, von der Schönheit des menschlichen
Körpers über die Schönheit von Kunstwerken
bis zur Schönheit von Zahlen. Er tappt auch nicht in die
Falle, um die viele Evolutionspsychologen partout keinen Bogen machen
können - dass sie nämlich vor lauter
evolutionärer „Adaptationen“ die
kulturelle Bedingtheit des menschlichen Fühlens und Verhaltens
aus dem Blick verlieren. In vielen Bereichen (einschließlich
der Erklärung menschlicher Attraktivität) bleibt das
Buch jedoch sehr an der Oberfläche, manche Themen werden kaum
mehr als angerissen.
Geschichte
(Kulturgeschichte, Kunstgeschichte)
Egon
Friedell: Kulturgeschichte der Neuzeit (in
zwei Bänden, dtv, 1976). Friedell
ist ein reiner Genuss. Er macht Geschichte sicht-, riech-,
hör- und spürbar.
Umberto
Eco, Geschichte der Schönheit (Hanser,
2004 / dtv 2006). Ein
wunderbar opulenter Bildband zur Kultur- und Geistesgeschichte der
Schönheit - bei dem sich Eco allerdings mit fremden Federn
schmückt: Die Hälfte des Werkes stammt aus der Feder
eines Koautors, der nach Feudalmanier ins Kleingedruckte verbannt
wurde. Das Werk dokumentiert den Wandel des abendländischen
ästhetischen Empfindens durch die Jahrhunderte, der sich in
der künstlerischen Darstellung des menschlichen
Körpers genauso niederschlägt wie in Architektur und
Philosophie. Dass der Schönheitssinn der verschiedenen Epochen
jedoch einem „absoluten Polytheismus“
frönt, wie die Autoren behaupten, lässt sich
zumindest in Bezug auf den menschlichen Körper nicht
nachvollziehen – gerade die in dem Buch versammelten Bilder
widersprechen diesem Befund vehement.
Umberto
Eco: Kunst und Schönheit im Mittelalter
(dtv, 1993 und Hanser, 2002). In dieser Studie
über die Kunstauffassung des Mittelalters gelingt es Eco, dem
Leser die Lebens- und Empfindungswelt des mittelalterlichen Menschen zu
erschließen, in der das Jenseits schon im Diesseits den
zentralen Platz einnahm. Die daraus folgende bedingungslose Verquickung
des Ästhetischen mit dem Religiösen wird anhand von
zeitgenössischen Texten anschaulich belegt.
Wilhelm Trapp: Der schöne Mann. Zur
Ästhetik eines unmöglichen Körpers
(Erich Schmidt Verlag, Berlin, 2003). Der Literaturwissenschaftler
Wilhelm Trapp
geht in diesem Buch anhand von Beispielen aus der Literatur der
„Feminisierung der Schönheit“ nach, die
mit der Renaissance begonnen hat und mit der Machtübernahme
des Bürgertums quasi institutionalisiert wurde. Die Frau ist
seitdem das „schöne Geschlecht“
– der schöne Mann dagegen eine
„unmöglichen Figur“, der etwas Suspektes,
Unmännliches anhaftet. Trapps Analyse ist lesenswert
– wenn auch die implizite Schlussfolgerung, dass es sich bei
unserem heutigen Kult der weiblichen Schönheit um eine
historische Ausnahmeerscheinung handelt, nicht belegt (und auch nicht
belegbar) ist. Zu (fast) allen Zeiten und in (fast) allen Kulturen ist
es tatsächlich das weibliche Geschlecht, dem das Attribut des
„schönen“ zugeschrieben wird.
Ingrid
Loschek, Reclams Mode- und Kostümlexikon
(Reclam,
2005). Wer sich für die Geschichte der
Mode interessiert, bekommt hier einen wunderbaren, reich bebilderten
Überblick. Neben dem lexikalischen Teil gibt das Werk einen
Schnelldurchgang durch die Geschichte der Mode.
Otto
Penz: Metamorphosen der Schönheit. Eine Kulturgeschichte
moderner Körperlichkeit (Turia
& Kant 2001). Das Buch des Soziologen Otto Penz verfolgt den
Wandel der westlichen Schönheitsvorstellungen im 20.
Jahrhundert. Dabei werden die jeweils vorherrschenden
Körperbilder in Bezug zum jeweiligen Zeitgeist gesetzt. Das
Werk ist sorgfältig recherchiert, mit Zahlen gespickt und
trotzdem recht gut lesbar.
Nathalie
Chahine, Catherine Jazdzewski & Marie-Pierre Lannelongue:
Schönheit. Eine Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts
(Schirmer/Mosel, 2005). Ein schöner Bildband, in dem die
Entwicklung des Schönheitsideals im 20. Jahrhundert von
Jahrzent zu Jahrzehnt nachgezeichnet wird.
Michèle
Didou-Manent, Tran Ky & Hervé Robert: Dick oder
dünn? Körperkult im Wandel der Zeit
(Bastei
Lübbe, 2000). Ein sehr unterhaltsames Buch, in dem eine
Historikerin und zwei Ärzte den ewigen Wandel der jeweils als
wünschenswert erachteten Körperform von der
Prähistorie bis ins Medienzeitalter verfolgen.
Arthur Marwick: Beauty in History. Society,
politics and personal appearance c. 1500 to the present
(Thames and Hudson, 1988).
Ein sehr gelehrtes, voluminöses Buch, in dem der
große britische Historiker – in seinen eigenen
Worten – die „gesellschaftlichen und politischen
Auswirkungen des Aussehens“ aufdecken will. Marwick
beschreibt, wie die Tatsache, ob eine Mensch schön oder
weniger schön ist, nicht nur seinen persönlichen
Lebensweg, sondern auch den Gang der Geschichte beeinflussen kann. Das
Werk ist leider nur auf Englisch verfügbar. Mit It:
A History of Human Beauty liegt seit 2005 ein – in
den Worten des Autors – "kürzeres und besseres"
(aber leider viel spärlicher illustriertes) Werk zum selben
Thema vor (Hamledon & London, 2005).
Julian
Robinson: The Quest for Human Beauty. An Illustrated History
(WW
Norton, 1998). Dieses Buch des Weltreisenden,
Künstlers und Exzentrikers Julian Robinson lebt von seinen
vielen Fotos – die erstaunen, verblüffen und
schockieren, manchmal auch erfreuen. Sie führen vor Augen,
dass der Fantasie des Menschen, seinen Körper zu
verändern, buchstäblich keine Grenzen gesetzt sind
– von der Praktik eines afrikanischen Stammes, die
Schneidezähne auszuschlagen bis zum Penispiercing unserer
Tage.
Feministische
Literatur
Betty
Friedan: Der Weiblichkeitswahn oder Die Selbstbefreiung der Frau
(Rowohlt, 1966). Betty Friedan, die am 4. Februar 2006 an ihrem 85.
Geburtstag gestorben ist, gehört zu den prägenden
Figuren des modernen Feminismus. In diesem ihrem ersten Buch beschreibt
und kritisiert sie die erstaunliche Metamorphose, die amerikanische
Frauen in der Nachkriegszeit massenhaft durchliefen – von der
selbstbewussten Berufstätigen zur „desperate
housewife“, deren einziger Sinn und Zweck darin besteht, ihre
Weiblichkeit zu kultivieren.
Rita
Freedman: Die Opfer der Venus - Vom Zwang, schön zu sein
(Kreuz-Verlag,
1992, Heyne, 1993). In diesem einflussreichen Buch zeigt die
Psychotherapeutin Freedman die vielfältigen Fallen auf, die
für das „schöne Geschlecht“
bereitstehen, wenn es sich über sein
Äußeres definiert. Als Abhilfe plädiert sie
für ein „System, in dem beide Geschlechter die
Freuden und Belastungen des Schönseins teilen“
– und frönt damit dem in den 80er Jahren so
beliebten Androgynitäts-Mythos, nach dem die Welt zum Paradies
würde, wenn sich die beiden Geschlechter nur aneinander
angleichen würden.
Naomi
Wolf: Der Mythos Schönheit (Rowohlt,
1991, 2000). Angesichts der Schlichtheit seiner Botschaft verwundert es
ein bisschen, warum Naomi Wolfs Buch so schnell in den Klassikerhimmel
gekommen ist: Schönheit ist nach Wolf nichts anderes als eine
Erfindung der Männer, um die Frauen zu knechten. Offenbar hat
die Autorin jedoch den Nerv des Publikums getroffen, indem sie nicht
nur allen am Schönheitswahn Leidenden (und wer gehört
nicht dazu?) einen Schuldigen präsentiert, sondern ihnen auch
noch die wohltuende Möglichkeit eröffnet, sich in
Opfergefühlen zu ergehen.
Nancy
Friday: Die Macht der Schönheit (Goldmann,
1999, Bertelsmann, 2001). Ob es sich bei der Autorin um eine
Feministin, Ex-Feministin oder Anti-Feministin handelt, wird den
meisten Lesern wohl auch nach der Lektüre des Werkes nicht
klar sein. Genausowenig, ob Nancy Friday nun den Kult um die weibliche
Schönheit eher anfeuert (indem sie beispielsweise von ihrer
sexy Unterwäsche und ihren Designerklamotten
schwärmt) - oder ihn kritisch beäugt („Wozu
brauche ich eine ausgeflippte Verpackung?“). Vielleicht ist
es aber auch gerade diese Widersprüchlichkeit und Offenheit,
die das Werk lesenswert machen. Im Gegensatz zu Wolfs „Mythos
Schönheit“ handelt es sich nicht um ein politisches
Manifest (schon gar nicht gegen „die
Männer“, die von Friday als „bevorzugte
Müllkippe, auf der Frauen ihre ganze Wut und Bitterkeit
abladen“ bezeichnet werden), sondern eine ganz
persönliche Auseinandersetzung einer alternden Frau mit der
zweischneidigen (und schwindenden) Macht ihrer Schönheit.
Ebba
Drolshagen: Des Körpers neue Kleider – Die
Herstellung weiblicher Schönheit
(Fischer, 1995). Eine gut geschriebene, leicht spöttische
Bestandsaufnahme zum Thema Schönheitswahn. Ganz im Einklang
mit der „freche Mädchen“-Welle der 90er
empfiehlt die Autorin ihren Leserinnen, ihr Selbstbild mehr an Pippi
Langstrumpf und weniger an Barbie auszurichten.
Ursula
Nuber (Hrsg.) Spieglein, Spieglein an der Wand. Der
Schönheitskult und die Frauen (Beltz,
1992). Eine
Sammlung von Beiträgen weiblicher Autorinnen rund um das Thema
„Tyrannei der Schönheit“. Allen ist
gemeinsam, dass sie nach dem schlichten Muster „arme Frauen
werden via Schönheitsmythos von den bösen
Männern unterdrückt“ gestrickt sind. Ob
diese radikalfeministische Lebenslüge den Leserinnen wirklich
zu mehr Selbstvertrauen verhilft, darf bezweifelt werden. Sehr
lesenswert ist der Beitrag von Dörthe Binkert über
die Ungleichzeitigkeiten des äußeren und inneren
Alterns.
Philosophie/Kunst
Michael
Hauskeller (Hrsg.): Was das Schöne sei. Klassische Texte von
Platon bis Adorno (dtv,
2002). Das Buch stellt eine sehr gute Einführung in die
philosophische Ästhetik dar. Alle Texte werden mit einer sehr
klaren Einführung präsentiert, die sie in den
Zusammenhang zur jeweiligen geschichtlichen Strömung stellt.
George
L. Hersey: Verführung nach Maß - Ideal und Tyrannei
des perfekten Körpers
(Siedler, 1998). Für
den Kunsthistoriker Hersey
liegen die Wurzeln unseres heutigen
Schönheitsempfindens in der Antike, deren Vorstellungen
von den „idealen Proportionen“
über die Renaissance bis
in die Moderne
weitergegeben wurden. Nach
Hersey hat
das klassische Ideal aber nicht nur das ästhetische Empfinden
der Menschen geformt, sondern sogar ihren Körper selber: Da
die dem Ideal entsprechenden
Menschen als begehrenswerter
empfunden wurden, hatten sie
auch mehr Fortpflanzungschancen
– damit hätten sich die Menschen die
jetzt aktuellen
Körperformen im Lauf der
abendländischen Geschichte durch
sexuelle Selektion selbst „angezüchtet“.
Zur Ehrenrettung des Autors sei gesagt, dass er diese krause These sehr
vorsichtig formuliert – und dass das Buch eine sehr
schöne Einführung in die antike Proportionslehre und
die Ikonographie der Renaissance darstellt.
Eher an
ein Fachpublikum gerichtet
Ronald
Henss: Spieglein, Spieglein an der Wand – Geschlecht, Alter
und physische Attraktivität (Beltz
Psychologie Verlags Union, 1992). Ronald Henss ist der
Weltexperte auf dem Gebiet der Urteilerübereinstimung (also
der Frage, wie „objektiv“ unser
Schönheitsurteil ist). In dem Buch stellt der früher
an der Universität des Saarlandes tätige Psychologe
nicht nur seine eigenen Forschungen vor, sondern gibt auch einen sehr
systematischen und klaren Überblick über die
weltweite Literatur zu dem Thema.
Ronald
Henss: Gesicht und Persönlichkeitseindruck
(Hogrefe,
1998). Dieses
persönlichkeitspsychologische Fachbuch
dreht sich um Frage: Welche Rolle spielt das Äußere
bei der Beurteilung des
Inneren? Dabei werden die verschiedenen Aspekte des Themas auf die
für Henss charakteristische, wohltuend systematische Art
abgehandelt: Zunächst die Frage nach der Struktur
des Persönlichkeitseindrucks, also nach
der Korrelation zwischen den einzelnen
Persönlichkeitsmerkmalen, die der Beurteiler im Beurteilten zu
erkennen meint. Dann die Frage nach der
Urteilerübereinstimmung, und drittens die Frage nach dem
Zusammenhang zwischen Physiognomie und Persönlichkeitseindruck.
Manfred
Hassebrauck und Reiner Niketta (Hrsg.): Physische
Attraktivität
(Hogrefe, 1993). Dieser
Sammelband zieht (für ein Fachpublikum) die Summe der
deutschsprachigen empirisch-psychologischen
Attraktivitätsforschung - die international leider nicht im
Geringsten wahrgenommen wurde. Eine Auseinandersetzung mit
evolutionspsychologischen Ansätzen fehlt in diesem Band
bedauerlicherweise völlig.
Andreas
Hergovich (Hrsg.): Psychologie der Schönheit –
Physische Attraktivität aus wissenschaftlicher Perspektive
(WUV-Universitätsverlag,
2002). Die einzelnen Beiträge in diesem Sammelband decken die
wichtigsten Felder der psychologischen Attraktivitätsforschung
ab. Das Werk unterscheidet sich von einem
„richtigen“ Lehrbuch darin, dass die
Beiträge von Studenten (am psychologischen Institut der
Universität Wien) verfasst wurden und entsprechend in ihrer
Qualität höchst unterschiedlich sind – bis
auf wenige Ausnahmen wirken sie wie (schlecht geschriebene)
Hausarbeiten. Immerhin wird dem Leser ein aktueller Überblick
über die Fachliteratur zum jeweiligen Thema gegeben.
Gillian
Rhodes & Leslie Zebrowitz: Facial attractiveness. Evolutionary,
Cognitive, and Social Perspectives (Ablex
Publishing, 2002). Das Buch kann schon fast als Standardlehrbuch der
Attraktivitätsforschung bezeichnet werden. Es zeigt das ganze
Spektrum des Fachgebietes auf, von der Evolutionspsychologie (die unter
anderem von dem Wiener Verhaltensforscher Karl Grammer vertreten wird)
über die Theorie der Wahrnehmungsvorlieben bis hin zu
sozialpsychologischen Ansätzen.
Leslie
Zebrowitz: Reading Faces: Window to the Soul? (Westview
Press, 1997). In diesem „Ein-Frau-Lehrbuch“
der amerikanischen Wahrnehmungsforscherin geht es um die Signale, die unser Gesicht sendet, und wie
wir sie empfangen und decodieren. Ein
besonderer Schwerpunkt liegt auf dem Wirken des Kindchenschemas und
dessen Erklärung. Das Buch ist für ein Fachbuch
ausgesprochen opulent illustriert und so verständlich
geschrieben, dass es auch manchem Laien eine Freude sein wird.
Eckart Voland & Karl Grammer:
Evolutionary
Aesthetics (Springer,
2003). Mit diesem Band machen die Autoren den Versuch, eine
Erklärung des menschlichen Schönheitsempfindens aus
soziobiologischer Sicht zu geben. Dabei geht es nicht nur um die
Schönheit des menschlichen Körpers, sondern genauso
um die Schönheit von Landschaften oder auch
Kunstgegenständen. Allen Beiträgen liegt das Axiom
zugrunde, dass das, was wir als schön empfinden, mit einem
„Fitnessvorteil“ verbunden sein MUSS (einer der
Beitragenden spricht etwa von einer „Tatsache“,
dass menschliche Schönheit ein
„Gesundheitszeugnis“ darstellt) –
entsprechend dünn ist auch das Eis, auf dem sich die
Argumentation streckenweise bewegt.
Viren
Swami & Adrian Furnham: The Psychology of Physical Attraction
(Routledge, 2008). Obwohl sich das Buch eher an den
interessierten Laien richtet, kommt es doch ziemlich "wissenschaftlich"
daher - im besten Sinne: alle Fakten sind fein säuberlich
durch eine wahre Heerschar an Studien belegt. Der Hauptautor - Viren
Swami - hat in der Attraktivitätsforschung insofern
Seltenheitswert, als er versucht, sozialpsychologische und
evolutionspsychologische Konzepte miteinander zu vereinen. Gemessen an
seinem Anspruch, eine Art "Stand der Dinge" der
Attraktivitätsforschung zu vermitteln, ist das Werk jedoch
erstaunlich lückenhaft, insbesondere was die
Gesichtswahrnehmung und die neueren Befunde der Neurowissenschaften
angeht. Die "Erklärung" des Attraktivitätsstereotyps
("schön gleich gut") als Ausfluss der Profitinteressen
internationaler Konzerne entwertet leider auch Swamis (berechtigte)
Kritik an vielen allzu einfachen Erklärungsmustern seiner
evolutionspsychologischen Kollegen.
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schön, hässlich, attraktiv,
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Attraktivitätsstereotyp, Stereotyp, Halo-Effekt, innere
Schönheit, Schönheitsideal, Ästhetik,
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Pfau, Gute Gene Hypothese, sensory bias, Wahrnehmungsvorlieben, Zyklus,
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Perrett, Karl Grammer, Magnus Enquist, Ulrich Renz
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